Papier: 01.01.03.01 Der Verbraucher als "Prosument"
Originalversion
1 | Eine erste Entwicklung hin zu einer stärkeren Einbindung des |
2 | Verbrauchers in den Produktionsprozess von Waren beginnt |
3 | bereits vor der Digitalisierung. Der Begriff „Prosument“ |
4 | (englisch: Prosumer, Kunstwort aus den Begriffen consumer |
5 | und producer) wurde erstmals schon 1980 von Alvin Toffler in |
6 | seinem Buch „The Third Wave“ geprägt, in dem er bereits sehr |
7 | weitsichtig eine zunehmende Personalisierung der |
8 | Güterproduktion durch Interaktion und Preisgabe von |
9 | Interessen durch den Verbraucher, die im Produktionsprozess |
10 | berücksichtigt werden, voraussah. |
11 | Die hier vorhergesagte Entwicklung hat durch die Verbreitung |
12 | des Internets ganz neue Realisierungsmöglichkeiten erlangt. |
13 | Einerseits erlauben moderne Produktionsanlagen eine |
14 | wesentlich effizientere Individualisierung einzelner |
15 | Produkte; andererseits ist die Interaktion zwischen |
16 | eigentlichem Hersteller und nachfragendem Verbraucher |
17 | wesentlich erleichtert. So kann die individuelle |
18 | Produktgestaltung in der Regel direkt von zuhause mit |
19 | wenigen Mausklicks erfolgen – das Angebot reicht von |
20 | individualisierten Geschenken, über individuell gestaltete |
21 | Mode, das eigens nach Geschmack gemischte Müsli bis hin zu |
22 | selbst designten Möbelstücken. Damit wandelt sich die |
23 | Anbieter-Nutzer-Beziehung, die im Rahmen der |
24 | Industrialisierung den Verbraucher zu einem Abnehmer von |
25 | Massenprodukten degradierte, wieder zu einer kooperativen |
26 | Werksbeziehung, wie sie eher kennzeichnend für |
27 | vorindustrielle oder handwerkliche Produktionsformen war. |
28 | |
29 | Die nächste Stufe auf dem Weg vom Konsumenten zum |
30 | Prosumenten ist erreicht, wenn das individuell gestaltete |
31 | Gut nicht mehr nur vom gestaltenden Verbraucher erworben, |
32 | sondern seinerseits als eigenes Produkt mit Hilfe des |
33 | dahinterstehenden Produzenten zum Erwerb angeboten wird. |
34 | Vorreiter eines solchen Geschäftsmodells war eine Firma, die |
35 | T-Shirts herstellt, wobei Nutzer individuelle Designs für |
36 | T-Shirts entwickeln und diese anderen Nutzern zum Kauf |
37 | anbieten konnten, während die Produktion zentral erfolgte. |
38 | Am Erlös eines Verkaufs werden Hersteller und gestaltender |
39 | Nutzer anteilig beteiligt. |
40 | |
41 | Die Wandlung des Konsumenten zum eigenen Produzenten (bzw. |
42 | im englischen Terminus auch „produser“) findet schließlich |
43 | eine besonders starke Ausprägung im Bereich der |
44 | nicht-körperlichen Güter im Bereich des „user generated |
45 | content“, also Text-, Bild-, Ton- und Video-Beiträgen auf |
46 | hierfür vorgesehenen Plattformen oder eigenen Webseiten, die |
47 | zunehmend auch in Wettbewerb mit professionell erstellten |
48 | Inhalten treten und bei denen überkommene Grenzziehungen, |
49 | etwa im Bereich von Bloggern und Journalisten, zunehmend |
50 | verschwimmen. |
51 | |
52 | Auf Blogs, Wikis, Videoportalen und weiteren Plattformen |
53 | interagieren Nutzer und schaffen individuell oder kollektiv |
54 | Inhalte, die passive Rolle des Rezipienten wird verlassen. |
55 | Jedoch geht der Inhalt hier über das einfache Publizieren |
56 | eines Beitrags oder Kommentars hinaus. Der Begriff |
57 | „Prosument“ beinhaltet, dass das Geschaffene eine eigene |
58 | kreative Leistung ggf. unter Zugrundlegung urheberrechtlich |
59 | geschützter Inhalte (tranformative Werknutzung) beinhaltet |
60 | [FN: Weitere Ausführungen zum Thema „transformative |
61 | Werknutzung“ im Bericht der Projektgruppe Urheberrecht.]. |
62 | |
63 | Plattformbetreiber lassen sich regelmäßig in den Allgemeinen |
64 | Geschäftsbedingungen zusichern, dass die Nutzer nicht gegen |
65 | das Urheberrecht verstoßen. Rechtlich sind Prosumenten |
66 | weiter Verbraucher, es erfolgt keine Gleichsetzung mit |
67 | gewerblichen Anbietern, solange keine Gewinnerzielung |
68 | beabsichtigt ist. |
69 | |
70 | In der Konsumkritik wird der Begriff Prosument auch genutzt, |
71 | um das – mehr oder weniger freiwillige – Übertragen von |
72 | Teilen einer Dienstleistung auf die Verbraucher zu |
73 | bezeichnen. Beispiele hierfür lassen sich in vielen |
74 | Bereichen finden. So werden Rechnungen nur noch gegen |
75 | Aufpreis verschickt und kostenfrei nur noch online zum |
76 | Download verfügbar gehalten. |
77 | |
78 | |
79 | C2C-Geschäfte im E-Commerce |
80 | |
81 | Eine eigene Rolle als Anbieter von Waren (und seltener von |
82 | Dienstleistungen) erlangen Verbraucher auch zunehmend durch |
83 | die neuen Möglichkeiten des Internets zum Handel zwischen |
84 | Verbrauchern („Consumer-to-Consumer (C2C)-Commerce“). |
85 | Treiber sind hier vor allem Handelsplattformen bzw. |
86 | elektronische Marktplätze, deren bekanntestes Beispiel |
87 | fraglos eBay ist. So gab es das Phänomen des Privatverkaufs |
88 | natürlich auch schon vor Einführung des Internets, aber es |
89 | war aufgrund hoher Transaktionskosten (etwa die Preise für |
90 | Kleinanzeigen in Tageszeitungen) faktisch doch auf wenige, |
91 | meist hochpreisige Produktkategorien, wie z.B. |
92 | Gebrauchtfahrzeuge, beschränkt. Die sehr viel geringeren |
93 | Einstandskosten bei zugleich wesentlich größerer Reichweite, |
94 | die die Chance, einen Käufer für ein spezifisches Produkt zu |
95 | finden, massiv steigen lässt, haben zu einer enormen |
96 | Erstreckung des Handels mit (meist gebrauchten) Waren |
97 | zwischen Privatpersonen geführt [FN: Schon 2006 betrug das |
98 | über den eBay-Marktplatz abgewickelte Handelsvolumen von |
99 | Transkationen zwischen Privatpersonen nach |
100 | Unternehmensangaben insgesamt 4 Milliarden Euro (zitiert |
101 | nach Michael Hetzel, Die Nutzung des Internets bei |
102 | Kaufentscheidungen im Multi-Channel-Vertrieb, S. 17). ]. |
103 | Nutzerprofile reichen dabei von Sammlern mit einer oft sehr |
104 | regelmäßigen Kaufs- und Verkaufstätigkeit, Verkäufern |
105 | temporär benötigter Artikel (z.B. im Bereich von Baby- und |
106 | Kinderausstattung) bis hin zu zeitlich begrenzten |
107 | Intensivnutzern, etwa im Rahmen von Haushaltsauflösungen. |
108 | |
109 | In Folge dieser Entwicklung ergeben sich aufgrund |
110 | unterschiedlicher vertrags-, gewerbe- und steuerrechtlicher |
111 | Voraussetzungen für den Verkauf von Privaten und |
112 | gewerblichen Händlern immer wieder |
113 | Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Einordnung von Anbietern |
114 | bzw. einzelner Transaktionen, wenn es um die Anwendbarkeit |
115 | bestimmter rechtlicher Vorgaben geht. Dabei bewegen sich |
116 | diese Entscheidungen zwangsläufig in einem Spannungsfeld |
117 | zwischen gewünschtem Schutz von Erwerbern sowie fairen |
118 | Wettbewerb und Steuergerechtigkeit auf der einen Seite und |
119 | dem Offenhalten der neu gewonnenen Möglichkeiten für die |
120 | tatsächlich privaten Anbieter solcher Waren. Unsicherheiten |
121 | in der Rechtsanwendung führen hier zu Verunsicherungen auf |
122 | Seiten aller Beteiligter und erhöht das Risiko von |
123 | Rechtsstreitigkeiten. |
Der Text verglichen mit der Originalversion
1 | Eine erste Entwicklung hin zu einer stärkeren Einbindung des |
2 | Verbrauchers in den Produktionsprozess von Waren beginnt |
3 | bereits vor der Digitalisierung. Der Begriff „Prosument“ |
4 | (englisch: Prosumer, Kunstwort aus den Begriffen consumer |
5 | und producer) wurde erstmals schon 1980 von Alvin Toffler in |
6 | seinem Buch „The Third Wave“ geprägt, in dem er bereits sehr |
7 | weitsichtig eine zunehmende Personalisierung der |
8 | Güterproduktion durch Interaktion und Preisgabe von |
9 | Interessen durch den Verbraucher, die im Produktionsprozess |
10 | berücksichtigt werden, voraussah. |
11 | Die hier vorhergesagte Entwicklung hat durch die Verbreitung |
12 | des Internets ganz neue Realisierungsmöglichkeiten erlangt. |
13 | Einerseits erlauben moderne Produktionsanlagen eine |
14 | wesentlich effizientere Individualisierung einzelner |
15 | Produkte; andererseits ist die Interaktion zwischen |
16 | eigentlichem Hersteller und nachfragendem Verbraucher |
17 | wesentlich erleichtert. So kann die individuelle |
18 | Produktgestaltung in der Regel direkt von zuhause mit |
19 | wenigen Mausklicks erfolgen – das Angebot reicht von |
20 | individualisierten Geschenken, über individuell gestaltete |
21 | Mode, das eigens nach Geschmack gemischte Müsli bis hin zu |
22 | selbst designten Möbelstücken. Damit wandelt sich die |
23 | Anbieter-Nutzer-Beziehung, die im Rahmen der |
24 | Industrialisierung den Verbraucher zu einem Abnehmer von |
25 | Massenprodukten degradierte, wieder zu einer kooperativen |
26 | Werksbeziehung, wie sie eher kennzeichnend für |
27 | vorindustrielle oder handwerkliche Produktionsformen war. |
28 | |
29 | Die nächste Stufe auf dem Weg vom Konsumenten zum |
30 | Prosumenten ist erreicht, wenn das individuell gestaltete |
31 | Gut nicht mehr nur vom gestaltenden Verbraucher erworben, |
32 | sondern seinerseits als eigenes Produkt mit Hilfe des |
33 | dahinterstehenden Produzenten zum Erwerb angeboten wird. |
34 | Vorreiter eines solchen Geschäftsmodells war eine Firma, die |
35 | T-Shirts herstellt, wobei Nutzer individuelle Designs für |
36 | T-Shirts entwickeln und diese anderen Nutzern zum Kauf |
37 | anbieten konnten, während die Produktion zentral erfolgte. |
38 | Am Erlös eines Verkaufs werden Hersteller und gestaltender |
39 | Nutzer anteilig beteiligt. |
40 | |
41 | Die Wandlung des Konsumenten zum eigenen Produzenten (bzw. |
42 | im englischen Terminus auch „produser“) findet schließlich |
43 | eine besonders starke Ausprägung im Bereich der |
44 | nicht-körperlichen Güter im Bereich des „user generated |
45 | content“, also Text-, Bild-, Ton- und Video-Beiträgen auf |
46 | hierfür vorgesehenen Plattformen oder eigenen Webseiten, die |
47 | zunehmend auch in Wettbewerb mit professionell erstellten |
48 | Inhalten treten und bei denen überkommene Grenzziehungen, |
49 | etwa im Bereich von Bloggern und Journalisten, zunehmend |
50 | verschwimmen. |
51 | |
52 | Auf Blogs, Wikis, Videoportalen und weiteren Plattformen |
53 | interagieren Nutzer und schaffen individuell oder kollektiv |
54 | Inhalte, die passive Rolle des Rezipienten wird verlassen. |
55 | Jedoch geht der Inhalt hier über das einfache Publizieren |
56 | eines Beitrags oder Kommentars hinaus. Der Begriff |
57 | „Prosument“ beinhaltet, dass das Geschaffene eine eigene |
58 | kreative Leistung ggf. unter Zugrundlegung urheberrechtlich |
59 | geschützter Inhalte (tranformative Werknutzung) beinhaltet |
60 | [FN: Weitere Ausführungen zum Thema „transformative |
61 | Werknutzung“ im Bericht der Projektgruppe Urheberrecht.]. |
62 | |
63 | Plattformbetreiber lassen sich regelmäßig in den Allgemeinen |
64 | Geschäftsbedingungen zusichern, dass die Nutzer nicht gegen |
65 | das Urheberrecht verstoßen. Rechtlich sind Prosumenten |
66 | weiter Verbraucher, es erfolgt keine Gleichsetzung mit |
67 | gewerblichen Anbietern, solange keine Gewinnerzielung |
68 | beabsichtigt ist. |
69 | |
70 | In der Konsumkritik wird der Begriff Prosument auch genutzt, |
71 | um das – mehr oder weniger freiwillige – Übertragen von |
72 | Teilen einer Dienstleistung auf die Verbraucher zu |
73 | bezeichnen. Beispiele hierfür lassen sich in vielen |
74 | Bereichen finden. So werden Rechnungen nur noch gegen |
75 | Aufpreis verschickt und kostenfrei nur noch online zum |
76 | Download verfügbar gehalten. |
77 | |
78 | |
79 | C2C-Geschäfte im E-Commerce |
80 | |
81 | Eine eigene Rolle als Anbieter von Waren (und seltener von |
82 | Dienstleistungen) erlangen Verbraucher auch zunehmend durch |
83 | die neuen Möglichkeiten des Internets zum Handel zwischen |
84 | Verbrauchern („Consumer-to-Consumer (C2C)-Commerce“). |
85 | Treiber sind hier vor allem Handelsplattformen bzw. |
86 | elektronische Marktplätze, deren bekanntestes Beispiel |
87 | fraglos eBay ist. So gab es das Phänomen des Privatverkaufs |
88 | natürlich auch schon vor Einführung des Internets, aber es |
89 | war aufgrund hoher Transaktionskosten (etwa die Preise für |
90 | Kleinanzeigen in Tageszeitungen) faktisch doch auf wenige, |
91 | meist hochpreisige Produktkategorien, wie z.B. |
92 | Gebrauchtfahrzeuge, beschränkt. Die sehr viel geringeren |
93 | Einstandskosten bei zugleich wesentlich größerer Reichweite, |
94 | die die Chance, einen Käufer für ein spezifisches Produkt zu |
95 | finden, massiv steigen lässt, haben zu einer enormen |
96 | Erstreckung des Handels mit (meist gebrauchten) Waren |
97 | zwischen Privatpersonen geführt [FN: Schon 2006 betrug das |
98 | über den eBay-Marktplatz abgewickelte Handelsvolumen von |
99 | Transkationen zwischen Privatpersonen nach |
100 | Unternehmensangaben insgesamt 4 Milliarden Euro (zitiert |
101 | nach Michael Hetzel, Die Nutzung des Internets bei |
102 | Kaufentscheidungen im Multi-Channel-Vertrieb, S. 17). ]. |
103 | Nutzerprofile reichen dabei von Sammlern mit einer oft sehr |
104 | regelmäßigen Kaufs- und Verkaufstätigkeit, Verkäufern |
105 | temporär benötigter Artikel (z.B. im Bereich von Baby- und |
106 | Kinderausstattung) bis hin zu zeitlich begrenzten |
107 | Intensivnutzern, etwa im Rahmen von Haushaltsauflösungen. |
108 | |
109 | In Folge dieser Entwicklung ergeben sich aufgrund |
110 | unterschiedlicher vertrags-, gewerbe- und steuerrechtlicher |
111 | Voraussetzungen für den Verkauf von Privaten und |
112 | gewerblichen Händlern immer wieder |
113 | Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Einordnung von Anbietern |
114 | bzw. einzelner Transaktionen, wenn es um die Anwendbarkeit |
115 | bestimmter rechtlicher Vorgaben geht. Dabei bewegen sich |
116 | diese Entscheidungen zwangsläufig in einem Spannungsfeld |
117 | zwischen gewünschtem Schutz von Erwerbern sowie fairen |
118 | Wettbewerb und Steuergerechtigkeit auf der einen Seite und |
119 | dem Offenhalten der neu gewonnenen Möglichkeiten für die |
120 | tatsächlich privaten Anbieter solcher Waren. Unsicherheiten |
121 | in der Rechtsanwendung führen hier zu Verunsicherungen auf |
122 | Seiten aller Beteiligter und erhöht das Risiko von |
123 | Rechtsstreitigkeiten. |
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